Sonntag, 8. Mai 2016

Melnik - Litomerice - Usti nad Labem - Decin - Bad Schandau - Rathen, 73,4 km; Rathen - Dresden - Niederlommatzsch, 82 km

Heute ist Muttertag. Viele Mütter werden ausgeführt. Manche sogar mit einem großen Bus bis zur Elbklause, in der ich Quartier nahm. Ihre gute Garderobe darf auch an die Sonne. Sie sitzen mit ihren Familien an Kaffetafeln, essen Eis und schauen auf die Elbe. Wattige Wolken turnen wie Schäfchen am Himmel rum. Es sieht sehr festlich aus. Meine Mutter hat sich schon vor Jahren verabschiedet. Würde ich die Elbe bis zur Nordsee schwimmen, würde ich ihre Urnenreste in Höhe St. Peter Ording auf dem Grund sehen können. Jedenfalls hat sie mir so viele guten Sachen mitgegeben, dass ich gesund und munter bis hierher gekommen bin.

Melnik, am Zusammenfluß von Moldau und Elbe ist ein Städtchen mit einem hübschen Marktplatz. Es gibt sogar ein paar Meter Arkaden. Die ganz Alten gründeten es auf einem Hügel. Das war damals sicherer. Die Wasserversorgung erfolgte über einen tiefen Brunnen, der mühsam in den Fels gemeißelt wurde.

Stündlich gibt es eine Führung unter der Stadt, bei der er zu besichtigen ist. ImmUntergrund der Stadt gibt es so manchen Gang. Bier und andere Vorräte wurden hier gelagert.

Von unserer Pension war der Radweg leicht zu finden. Horst wurde euphorisch. Auf dem ebenen Asphalt konnte er wieder richtig loslegen. Manchmal unterbrach ein Feldweg seinen Strampeldrang. Straßen und Eisenbahnlinie fassen die Elbe rechts und links ein, so schmal ist der Durchlass an manchen Stellen. Dort wo sie mäandern durfte, gibt es feuchte Auen.

 Die Stille wird immer wieder vom Rattern der Züge unterbrochen. Die Vögel im Geäst stört's nicht und die Elbe treibt still dahin.
Wir durchfahren hübsche Städte. In Rudnice n. L. sehen wir den Berg Rip - Symbol des tschechischen Staates - in
Litomerice gab es ein jüdisches Ghetto und in Usti n.L. ein kleines Schlösschen. Kurz danach fanden wir direkt am Radweg in einem kleinen Holzbüdchen ein schmales Zimmer.


Die Dusche war heiß und das Sausen der Eisenbahn erträglich. Lediglich die kulinarische Versorgung im winzigen Weiler ließ zu wünschen übrig. Bockwurst und Goulaschsuppe mit Brot mussten mit zwei Bieren ergänzt werden. In der Boudicka rundete Studentenfutter unser Nachtmahl ab.

Jitka Hypiusova holte zum Frühstück was Küche und Keller hergaben. Gut war die selbst gekochte Erdbeermarmelade.

Nach der Erdbeermarmelade wollten wir bald die Grenze zur Heimat überrollen. Dazu mussten uns unsere Räder erst einmal bis Decin tragen. Für alte Bergsteiger ist der Klettersteig an der Schäferwand beachtenswert. Auch auf diesem Teil ist der



Radweg hervorragend ausgebaut. Die Räder rollen sanft und leise neben der Elbe dahin. Wald, Wiesen, Schilfgürteln und kleinen Siedlungen wechseln sich ab. Manchmal recken sich Basaltfelsen in den Himmel. Mutige Kletterer hangeln sich zu ihren Höhen. Durch den Himmelfahrts Feiertag ist eine Menge los. Alles was ein Rad hat ist unterwegs. Die Gaststätten sind gut besucht, auch die kleinen Parkplätze für Radler.
Das Wetter ist wunderbar und Horst vergisst langsam, dass er am  vierten Tag der Tour, zum Nachmittag hin, als schon wieder ein Anstieg in der Gegend stand, begann die Fassung zu verlieren. Hier auf der Geraden ist er in seinem Element und ich in seinem Windschatten.

Hinter Dolny Zleb kommt man in den Grenzbereich. Irgendwie schwimmt die Trennungslinie mitten auf der Elbe. Ehe man sich versieht, ist man in der Heimat. Und das ist auch gut so! Unkontrolliert fuhren viele Radler von einem Land ins Andere. Für einen ehemaligen Westberliner rufen Grenzen gruselige Erinnerungen wach. Langes Anstehen, "Eintritt bezahlen", übergriffig kontrolliert werden ... Und nun schon wieder Diskussionen um Grenzen...

Die Elbe hat sich ihr Bett zwischen wichtigen Felsen gebahnt. Das war hier einfach. Der Sandstein ist nicht ganz so hart, wie der Basalt. Bei Bad Schandau musste ich an unsere Hochzeitsreise denken. Sabine war noch ganz heißer von der Feier. Sie konnte kaum ein Wort sagen aber wir haben uns wunderbar verstanden.
An manchen Stellen auf der linken Seite des Flusses existieren noch Reste des alten Treidelpfad. Nach dem Überwinden dieser kurzen Strecke hatte mein Kochtopf Beulen und mein Gebiss Fehlstellen. Bei den Pensionen ragten viele Schilder "belegt" aus der Tür. Da suchten wir gezielter einen Bettplatz und wollten garnicht mehr die Festung Königstein (größte Bergfestung auf einem Tafelberg) besichtigen. In Rathen schlug ich Horst vor, auf der Felsenbühne in Rathen vor großen Publikum um ein Nachtlager zu bitten. Er wollte nicht, also rief ich in einer Pension an. Die hatten alles ausgebucht aber auf dem Heuboden noch Schlafplätze frei ( anwesend vier Familien mit neun Kindern...) Da waren wir Berghütten gestärkten sind griffen wir sofort zu. "Kevin Johan gehst du bitte von den Taschen weg, die gehören den beiden älteren Herren." Kevin Johann war mit


seinem Kopf bereits in der Radtasche verschwunden. Das er die mahnenden Worte seiner Mutter jemals hörte, blieb zu bezweifeln. Ich machte mit Kevin Johann Armdrücken. Fingerhakeln wollte er nicht mehr. Nach dem seine Mutter noch sagte " siehst du Kevin Johann du musst noch lernen, dass Erwachsene stärker sind..." schob er gekränkt ab. Jedenfalls war die Nacht im Schlafsack gemütlich. Horst hatte unter seiner geborgten Decke zum Morgen hin ein paar Frostbeulen zu bekämpfen.




Am Morgen, wir waren die Ersten, koordinierten wir unser Waschritual mit den Wünschen nach schneller Toilettenbenutzung vor dem Hintergrund langjähriger Hüttenerfahrungen. Alles verlief gut. Im Küchenschrank fanden wir Kaffeepulver (der roch noch nicht nach Heuboden). Über die Filter Maschine mit heißem Wasser gebrüht, wurde ein manierliches Getränk daraus. Verbunden mit dem Brot aus der Packtasche und weit gereistem Honig hatten wir ein veritables Frühstück.



Nach Dresden kommen wir in knapp zwei Stunden. Der Radweg war durch einige Baumaßnahmen unterbrochen, was uns kaum aufhielt. Im schönen Elbflorenz ging die Zeit mit Horst zu Ende. Er fuhr mit der Bahn nach Hause und ich weiter zu meinem geplanten Ziel Tangermünde.


Schön war bisher, dass mich die Apfelblühten seit Sizilien begleiten. Sie sollen ein extra Bild bekommen.

1 Kommentar:

  1. Tolle Apfelblüte.
    Und ich hoffe doch sehr, dass du (*grins* - als älterer Herr!) keine tatsächlichen Fehlstellen im Gebiss bekommen hast. :-)

    Viel Spaß auf deiner Tour, die ja nun dem Ende zugeht.
    Ich drück dir weiterhin die Daumen und bin gespannt, wie Berlin dich wohl dieses Jahr empfängt ... :-)

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