Donnerstag, 21. April 2016

Westerndorf /St. Peter - Wasserburg - Gars - Kraiburg, 71,6 km

Habe mich nach knapp ausreichendem Schlaf unlustig auf' s Rad gehoben und die Strecke zum Innradweg gesucht. Es sollte Richtung Wasserburg gehen. Wasserburg, auch wieder so eine mittelalterliche Stadt am Inn. Das Nette an ihr ist, dass sie fast vollständig vom Inn umschlungen ist. Der Fluß bindet eine Schleife um die Stadt, was vor Jahren zu regelmäsigen Überschwemmungen führte.
Bis Rott schaukelte sich die Radspur gemächllich am Altarm des Inn entlang.

Da Schwamm doch ein Bieber neben mir her. So ein possierliche Kerlchen sah ich noch nie im freien Wasser


Die Sonne war ein wenig verschleiert (das ist nicht politisch gemeint!). Die von ihr gesendete Wärme wurde vom kalten Ostwind verweht. Es fährt sich unangenehm zwischen schwitzen und Kühle auf der Haut. Jedenfalls überquert man bald nach Rott den drögen Strom. Die Spur verlegt sich landeinwärts durch Wälder, Weiden und Wiesen. Auf die vielen Frühblüher kann man garnicht achten, weil sie ganz verschwurbelt durch die Gegend führt. Immer wieder rauf und runter, rechts und links. Da wird die Wade stramm. Im Altstadt Cafe von Wasserburg war dann ein dickes Stück Himbeertorte fällig.
Radweg am Altarm

Wie geschrieben ist die Stadt vom Fluß umfangen. Früher flutete er in der Kurve gegen ein Steilufer. Jetzt, wo das Wasser gestaut und geordnet worden ist, kann es am steilen Ufer nichts mehr abtragen.  Der Hang konnte zu Bauland werden. Da muss man erst mal rauf. Bis Gars nahm die Verschwurbelung kein Ende. Schlecht ausgeschildert wie der Weg dort ist, verlohr ich ihn. Eine kleine Zugabe war fällig. Der Fichten- und teilweise Mischwald ist erholsam, es duftet nach Tann' und frischer Erde. Vor Gars wurde die Strecke durch eine heftige Steigung gekrönt. Meine "Arbeitsfreude" schwand - kaum merklich. Ein Nachfragen ergab den Tip zum Gasthof Unterbräu, "bei der Antonie Mittermeier kunnst gut schloafen..."

Die Antonie msste ich im Gasthof suchen. Sie ließ mit sich handeln und so bekam ich einen ordentlichen Preis. Kraiburg ist eher unauffällig, die kleine Schloßberg-Kapelle, eine Gelöbniskappelle, auf dem Schloßberg reißt was raus. Sie ruht andächtig über der Stadt. Gestiftet wurde sie vom Schiffsmeister Riedl, wenn ich das richtig verstanden habe um 1834. Schiffsmeister Riedl war einem Unglück entgangen. Früher zogen Pferde die Lastkähne durch den Fluß. Wir kennen das von den Treidelwegen an der Havel (Heimatkunde 4. Klasse, 1958). Riedl und seine Mannen steuerten einen Kahn, der war mit 1000 Scheffel Getreide beladen (das könnten 58000 kg bzw. Ltr. gewesen sein) beladen. Das Seil riss. Ohne den Haflingerantrieb wurde das Steuern zusehens schwerer. Die Stromschnellen oder die reißende Flußenge drohte alles in den steinigen Grund zu schlucken. Da schickte Riedl, der nicht ungläubig war, ein Gebet in den wolkenlosen Himmel und gelobte eine Kapelle in seiner Heimatstadt zu errichten.

Das Seilstück ist in der hübschen Kapelle zu besichtigen. Fortan spendete der fromme Schiffsmeister ein Mal im Jahr Brot an die Armen. Die Nachfahren tun das symbolisch im er noch. Gerade jetzt, an diesem  Samstag. Wäre ich geblieben, hätte ich bestimmt einen Kanten abbekommen.
Auf dem ordentlichen Friedhof steht ein Gedenkstein. Er erinnert an jüdische Mitbürger und Mitburgerinnen. Vom Lager Dachau wurden sie zur Arbeit hierher gebracht. Sie litten und starben hier.

Die wahre Geschichte er vom Riedl zählte mir der pensionierte Postbote der Stadt. Er saß mit anderen Rentnern seit dem Nachmittag am Stammtisch. Als einzige Frau war die ehemalige Wirtin, die das Geschäft schon lange an Antonie weitergegeben hatte, mit unter die Mannsleut. Weil ich so artig nach der Kapelle fragte und von meiner Reise berichtete, durfte ich in ihrem Kreis sitzen. Sie waren gut drauf, unterhielten sich, so weit ich das verstand oder übersetzt bekam, über alles was so in ihrem Leben passierte. Italienisch verstehe ich inzwischen ganz gut aber dieses Bayerische blieb mir doch sehr verborgen. Jedenfalls verstand ich noch, dass der Innradweg um Wasserburg herum sehr schlecht ausgeschildert und zu fahren sei. Später kam noch der Herr Pfarrer dazu. Ein jüngerer Mann, der ein Bier mit trank und sich gut mit den Senioren unterhielt. Es ist eine Runde sich selbst organisierender Seniorenbetreuung. Junge Leute kommen nicht mehr (wenn man ein Handy bedient, kann man nichts mehr erzählen und schon gar nicht einen Bierkrug halten). Es war nett in der Runde. Nach einem guten Schweinsbraten mit Knödel und Salat hatte ich dann auch genug und habe zugeschaut, wie Hertha BSC aus dem Pokal flog.

1 Kommentar:

  1. Biber fand ich schon als kleines Mädchen ganz faszinierend. Als 8jährige bekam ich mal das Buch "Sajo und ihre Biber" geschenkt und habe es X mal gelesen, bis ich es quasi auswendig konnte.

    Und nun bist du mittlerweile also im Bayrischen. Ich kenn mich da gar nicht aus, und die bayrische Sprache verstehe ich auch nicht wirklich. :-)
    Herrliche Bäume, und die kleine Kapelle ist ja allerliebst - schöne Fotos ...

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